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Bewertung der Umweltfolgen von Lebensmitteln |
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Methode der modularen Ökobilanzierung |
Um die Umweltfolgen von Lebensmitteln abschätzen zu können, wird die Methode der modularen Ökobilanzierung verwendet.
Ökobilanzen sind ganz allgemein ein Instrument, mit dem die Umweltauswirkungen eines Produktes über dessen gesamten Lebensweg hinweg - also von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung - erfasst und ausgewertet werden können.
Konkret erfolgt eine Ökobilanzierung in vier Schritten:
- Festlegung des Ziels und des Untersuchungsrahmens
- Erstellung eines Flussdiagramms für den Lebensweg eines Produktes und Ermittlung der Input-Output-Flüsse entlang dieses Lebensweges (sog. Sachbilanz)
- Abschätzung und Gewichtung der potentiellen Umweltauswirkungen in verschiedenen Schadenskategorien (z.B. Überdüngung, Treibhauseffekt usw.)
- Auswertung: Vergleich von verschiedenen Produkten untereinander und Aufzeigen von Optimierungsmöglichkeiten. Für diese Auswertung werden die Umweltbelastungen der verschiedenen Schadenskategorien zu einem einzigen Zahlenwert zusammengefasst, zum Beispiel zu Umweltbelastungspunkten (UBP).
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Bei der Methode der modularen Ökobilanzierung (JUNGBLUTH, 1999) wird der Lebensweg in verschiedene Abschnitte (sog. Module) aufgeteilt.
Für diese Module werden jeweils separate Ökobilanzen erstellt, die dann je nach Bedarf aneinandergereiht und zusammengezählt werden können, so dass am Schluss wieder der gesamte Lebenszyklus bilanziert ist.
Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass für eine Vielzahl von ähnlichen Produkten, welche sich nur in wenigen Details unterscheiden, die entsprechenden Ökobilanzen relativ rasch erstellt werden können, indem aus jedem Modul die zutreffende Bilanz gewählt wird.
Bei der Bilanzierung der Lebensmittel wurden die Module so gestaltet, dass sie Merkmalen entsprechen, die für die Konsumentinnen und Konsumenten beim Einkauf klar erkennbar sind. Konkret handelt es sich um die Module:
- Produkt:
Im Modul «Produkt» wird die Umweltbelastung bei der Herstellung des eigentlichen Nahrungsmittels bis hin zu dessen Verkauf an den Grosshandel bilanziert.
- Konservierung:
Im Modul «Konservierung» werden die Aufwendungen für die Aufbereitung, Weiterverarbeitung und Konservierung der Produkte abgeschätzt.
- Verpackung:
Im Modul «Verpackung» findet eine Bilanzierung der Herstellung und Entsorgung verschiedener Verpackungsmaterialien statt.
- Herkunft:
Im Modul «Herkunft» werden die Umweltauswirkungen des Transportes des Produktes von der Herstellungsregion bis ins Lebensmittelgeschäft berechnet.
- Konsum:
Im Modul «Konsum» werden die Auswirkungen des Heimtransportes, der Lagerung und der Zubereitung sowie die Auswirkungen der Entsorgung der beim Konsum anfallenden Abfälle ermittelt.
In Abbildung 1 ist eine Ökobilanzierung am Beispiel Gemüse dargestellt.
Abbildung 1: Modulare Ökobilanzierung für Gemüse
Am Schluss der Bilanz erhält man eine einzige Zahl, so genannte Umweltbelastungspunkte (UBP), deren Wert ein Mass für sämtliche Umweltbelastungen darstellt.
Je grösser dieser Zahlenwert ist, desto grösser ist die Umweltbelastung des entsprechenden Lebensmittels.
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Umweltbelastungspunkte (UBP) stellen ein Mass für die Höhe der Umweltauswirkungen dar.
Um die gesamte Umweltbelastung eines Produktes schlussendlich mit einer einzigen Zahl ausdrücken zu können, wird anfangs untersucht, welche Umweltschäden während des gesamten Lebenszyklus überhaupt auftreten.
Diese Auswirkungen werden zu verschiedenen Schadenskategorien zusammengefasst (z.B. Beitrag zum Treibhauseffekt, Ozonabbau, Überdüngung usw.). Die Belastung in jeder dieser Kategorien wird in der Folge berechnet.
Damit die unterschiedlichen Umweltfolgen letzten Endes miteinander verglichen werden können, müssen sie normiert und gewichtet werden.
Bei der Normierung werden die Belastungen, die das Produkt verursacht, mit einer durchschnittlichen Umweltbelastung (z.B. mit dem gesamtschweizerischen Durchschnittswert) in dieser Schadenskategorie verglichen.
Gewichtet werden die Umweltauswirkungen, indem sie in Relation zu einem Zielwert gesetzt werden. Dieser Zielwert entspricht bei den UBP den schweizerischen Grenzwerten.
Je mehr die Belastung über diesem Zielwert liegt, desto «schlimmer» ist sie, desto stärker fällt sie ins Gewicht.
Normierung und Gewichtung erfolgen bei der konkreten Ökobilanzierung, indem die vom Produkt verursachten Belastungen mit entsprechenden Ökofaktoren multipliziert werden.
Für jede Schadenskategorie erhält man auf diese Weise die UBP, die dann für die Gesamtbeurteilung des Produkts aufsummiert werden können. Verschiedene Produkte mit unterschiedlichen Umweltauswirkungen lassen sich so miteinander vergleichen.
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Die Ökobilanzierung ist vor allem dann hilfreich, wenn relativ unterschiedliche Arten von Umweltbelastungen gegeneinander abgewogen werden müssen. Allerdings kann auch diese Methode zur Zeit nur einen Teil der ökologischen Folgen aus dem Lebenszyklus eines Produkts erfassen.
Namentlich folgende Umweltbelastungen können mit den heute üblichen Methoden der Wirkungsabschätzung noch nicht beurteilt werden:
- Beurteilung des Flächenverbrauchs nach den Kriterien Biodiversität (Artenvielfalt), Nutzung von Ressourcen, Erholungswert oder anderen Kriterien
- Nutzung und Schädigung des Bodensystems (z.B. werden Erosion und andere irreversible Schäden nur zum Teil berücksichtigt)
- Übernutzung der Ressource Wasser
- Übernutzung von biotischen Ressourcen (z.B. Überfischung)
- Einsatz von Pestiziden (hierzu existieren bereits verschiedene Bewertungsmethoden; auf Grund der Vielzahl von Substanzen ist eine Bestimmung des toxischen Potentials jedoch schwierig, so dass sich bis jetzt noch kein allgemein anerkannter Standard herausgebildet hat.)
- Lärm
Ebenfalls nicht enthalten in der Bewertung mittels Ökobilanzen sind Auswirkungen, die nicht direkt im Zusammenhang mit der Umwelt stehen, aber in der öffentlichen Diskussion sonst eine wichtige Rolle spielen, wie:
- der Gesundheitsaspekt von Lebensmitteln
- die ökologische und vor allem auch ethische Beurteilung der Massentierhaltung
- der Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen
Dies bedeutet einerseits, dass das Instrument Ökobilanz weiterentwickelt werden muss, und andererseits, dass die Ergebnisse der Ökobilanzen nicht als endgültige Aussage betrachtet werden dürfen, sondern kritisch hinterfragt und in Zukunft vielleicht sogar teilweise revidiert werden müssen.
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BUNDESAMT FÜR UMWELT, WALD UND LANDSCHAFT (Hrsg.) (1998).
Bewertung in Ökobilanzen mit der Methode der ökologischen Knappheit (Schriftenreihe Umwelt Nr. 297: Ökobilanzen).
Bern: BUWAL.
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JUNGBLUTH, N. (2000).
Umweltfolgen des Nahrungsmittelkonsums: Beurteilung von Produktmerkmalen auf Grundlage einer modularen Ökobilanz.
Dissertation Nr. 13499, Umweltnatur- und Umweltsozialwissenschaften, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich.
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